Das Wesen der Selbsthilfe
Das Wesen der Selbsthilfe ist die wechselseitige Hilfe auf der Basis gleicher Betroffenheit.
Selbsthilfe bedeutet, die eigenen Probleme und deren Lösung selbst in die Hand zu nehmen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv zu werden.
In Selbsthilfegruppen finden sich Menschen, die ein gemeinsames Thema verbindet, die unter der gleichen Krankheit, Behinderung oder seelischen Konfliktsituation leiden. Auch Angehörige von Betroffenen organisieren sich in Selbsthilfegruppen.
Selbsthilfegruppen und -organisationen sind auch Foren, in denen sich Kranke, Patienten, Nutzer und Nutzerinnen von gesundheitlichen Einrichtungen das Wissen und die Kompetenz aneignen, die sie brauchen, um ihre Krankheit besser bewältigen zu können, aber auch, um sich als ‘Verbraucher’ im Versorgungsmarkt ‘Gesundheit’ besser behaupten zu können. Sie heben die Vereinzelung der Patienten gegenüber den Anbietern und Kostenträgern partiell auf. In Selbsthilfeinitiativen organisieren sich kranke Menschen ihre eigenen Lobbystrukturen.
Gruppen und Organisationen z.B. von chronisch kranken Menschen sind daher inzwischen akzeptierte und gefragte Partner professioneller Versorgung im Gesundheitswesen. Sie erbringen wichtige ergänzende Leistungen, bzw. sie tragen einen Teil der Information, Hilfe, Betreuung und Gesundheitsförderung, den der institutionelle und professionelle Sektor nicht übernehmen will und kann.
Die Wirkungen von Selbsthilfegruppen
Durch die gemeinsame Arbeit in einer Selbsthilfegruppe können soziale, psychische und/oder krankheitsbedingte Belastungen leichter bewältigt werden.
Mitglieder von Selbsthilfegruppen können sich
- gegenseitig bei der Bewältigung ihrer Schwierigkeiten unterstützen
- neue Kenntnisse über die persönliche Problemsituation erwerben
- andere Umgangsformen mit dem Problem entwickeln
- soziale Isolierungen und Ängste abbauen
- gemeinsame Aktivitäten unternehmen
- einen selbstsicheren Umgang mit Professionellen (z.B. mit Ärzten) erlernen
- neue Lebensinhalte und Perspektiven entwickeln und
- gegenseitig ermutigen, ihre Rechte einzufordern
Viele Mitglieder von Selbsthilfegruppen haben die Erfahrung gemacht, dass sie Belastungen besser bewältigen. Häufig gehen sie selbständiger und selbstbewusster als andere Menschen in vergleichbaren Situationen mit ihren Problemen um.
Was können Selbsthilfegruppen nicht leisten?
Selbsthilfegruppen sind nicht für Menschen in akuten Krisen geeignet.
Positive Effekte der Gruppenarbeit stellen sich nicht von heute auf morgen ein. Es dauert seine Zeit, bis durch die eigene aktive Mitarbeit in der Selbsthilfegruppe positive Veränderungen spürbar werden. Diese Zeit haben Menschen in einer akuten Krise nicht. Außerdem könnten vehemente Krisenzustände Einzelner die Gruppe überfordern.
Selbsthilfegruppen können eine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung nicht ersetzen, sie könnten sie aber sinnvoll ergänzen oder unterstützen.
Es ist wichtig, dass die Mitglieder kontinuierlich und aktiv am Gruppenprozess mitarbeiten. Selbsthilfegruppen sind Zusammenschlüsse, bei denen Betroffene Erfahrungen einholen und Material erbeten können. Sie sind aber meist völlig überfordert, wenn sie ausschließlich als Auskunfts- und Hilfeinstanz in Anspruch genommen werden. Die Gruppen können nur funktionieren, wenn es zu einem wechselseitigen Geben und Nehmen kommt. Sie brauchen das aktive Mittun der Ratsuchenden, denn sie arbeiten in der Regel freiwillig, unentgeltlich und mit einem hohen Einsatz privater Zeit.